...ist eine (viel zu) selten gestellte Frage. Gewöhnlich wird Müttern und Vätern empfohlen, was sie tun oder lassen sollten oder gar müssten. Die Rede ist von Elternpflichten, Erziehungsaufgaben und Alltagsbewältigung. Als ob es um falsch und richtig, um sehr gut oder nicht genügend gehen könnte!
Besonders in herausfordernden Zeiten wie der jetzigen gibt es jede Menge ebenso wohlgemeinter wie gestrenger Hinweise auf zielführendes Verhalten. Handlungsanweisungen samt wohlmeinender „Geht-gar-nicht“-Hinweise führen in freundlicher Verpackung eines mit sich: den versteckten Zeigefinger auf die Erziehungsberechtigten, wenn die Nachfolgegeneration Schwierigkeiten macht.
Immer wieder sind die Eltern Schuld!
Bei genauerem Hinsehen zeigt sich allerdings ein einfacher Zusammenhang: Auch die Eltern sind Kinder ihrer „Älteren“, die ihrerseits Kinder ihrer Eltern und ihrer Umstände gewesen sind usw. usw. Wie kann es einem da entgehen, dass wir es mit einem Netz von Beziehungen zu tun haben, in dem Vater, Mutter, Oma und Opa, Kleinkinder, Jugendliche und der vielzitierte Hund ein ganz schön buntes Gestrüpp von Verhältnissen zueinander haben. Alle Beteiligten dieses familiären Netzes verhalten sich irgendwie zu einander, zu jedem und jeder einzelnen auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Sie kommunizieren miteinander – auch wenn sie gar nichts sagen. Mit anderen Worten: Sie haben alle ihre ganz bestimmte Beziehung zu einander und stehen in einem Zusammenhang wie die Knoten eines Fischernetzes. Es ist ein wechselseitiges, vielschichtiges und unvorhersehbares Geschehen, das wir in jeder Familie zu sehen bekommen.
Wo aber sollte da der beschuldigende Zeigefinger hinzeigen? Wen sollte er heraussuchen und an den moralischen Pranger stellen? In allzu vielen Fällen greift der Beobachter zum einfachsten Mittel und zum kürzesten Weg (der am wenigsten Nachdenk-Energie braucht) und streckt ihn zu den am nächsten Stehenden aus: Mutter und Vater.
Dabei sind die beiden „Verantwortliche auf Zeit“, die die Jüngeren eine kurze Wegstrecke ins Leben hinein begleiten. Sie stellen Beziehung zur Verfügung und zeigen wie sie gelingen kann. Wenn Beziehung gelingt, gelingt Erziehung. Wer selbst aber nicht zu den Beschenkten gelingender Beziehung mit seinen Eltern und anderen, die ihm wichtig waren, gehört, kann mehr Sicherheit in dieser Sache brauchen.
Dafür ist Elternarbeit da: die Frage danach zu stellen, was Eltern brauchen. Elternarbeit ist Teamwork mit Menschen, die ihr Beziehungswissen erweitern, sich selbst in Bezug zu anderen fortbilden wollen. Menschen, die bereit sind, sich selbst wahrzunehmen und zu stärken, damit sie tragfähige, stabile Brücken bauen zu ihren Kindern. Solche Kinder und späteren Erwachsenen haben beste Chancen, ein gesundes und zufriedenstellendes Leben zu führen.
Verfasst von Mag. Dr. Eva Schebach, Psychotherapeutin und Erziehungswissenschafterin
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